„Ich würde auch gerne von der Fotografie leben!“ (Storytelling)

„Ich würde auch gerne von der Fotografie leben – kannst Du mir zeigen wie das geht?“

Hin und wieder stellen mir Leute in meinen Foto-Workshops, vor allem aber aus meinem näheren und weiteren Umfeld, gern mal diese Frage.

Viele Gespräche und Erlebnisse dazu haben mir über die Jahre dazu allerdings eines deutlich gezeigt: Den allermeisten ist dabei Begriff und Inhalt der „Selbst-Ständigkeit“ (sic!) nicht bewusst, und zumindest in einigen Fällen ist da auch Bequemlichkeit und buchstäblich Faulheit im Spiel.

Dazu möchte ich hier nun mal ein bisschen aus dem praktischen Nähkästchen plaudern 😉

Was manche bei mir sehen oder sehen wollen, lässt sich zunächst einmal leicht so zusammenfassen:

    • Oft (vermeintlich) freie Zeiteinteilung
    • Viel unterwegs
    • Kein Chef der mir auf die Nerven gehen könnte 😉

Jeder der genannten Punkte stimmt so – ist aber nicht für jeden ein Vorteil oder angestrebter Weg, kann sich auch leicht umkehren bzw für jeden individuell „negativ“ bewertet werden.

Denn, was viele nicht sehen…:

  • Klar habe ich oft den Luxus der „freien Zeiteinteilung“. Was aber dabei sehr gerne nicht gesehen wird ist, dass ich dann z.B. abends oft, während andere auf der Couch rumlümmeln, bis irgendwann nachts am Computer sitze. In Summe habe ich tatsächlich weit mehr als eine 40-Stunden-Woche, es verteilt sich nur angenehmer.
  • wenn ein konkreter Job anliegt, ist man dann auch mal ein ganzes Wochenende oder drei Tage oder zwei Wochen 24/7 genau mit diesem Job beschäftigt, und hat für wirklich nichts anderes Zeit;
  • solche Jobs vorab auch oft aufwändig vorbereitet werden müssen oder sich über zwei Jahre hinziehen, einiges an Geld im Spiel ist und man 100% liefern muss;
  • es auch Jobs gibt, die mit der eigenen Art der Fotografie nicht viel zu tun haben, und man sie trotzdem gut und erfolgreich erledigen und abliefern muss.

Damit das hier jetzt nicht falsch verstanden wird: Ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben, ich wusste was mich erwartet und wollte das genau so haben. Für mich überwiegen bei weitem die Vorteile, unter anderem auch die „freien Zeiteinteilung“. Und wenn ich drei oder zehn Tage vollkommen abtauche für die Erledigung eines Jobs, ist das für mich kein „Nachteil“. Irgendwann ist die Arbeit nämlich erledigt, und man kann sich dann ausreichend vom Schlafmangel erholen und sich über einen zufriedenen Kunden und die bezahlte Rechnung freuen.


„Wähle einen Beruf, den du liebst und du brauchst keinen Tag mehr in deinem Leben zu arbeiten“ (Konfuzius)


Es gibt ein paar witzige Internet-Memes, die den Unterschied zwischen Wunsch und Realität des Knipserlebens ganz gut umschreiben. Leider kann ich die aus urheberrechtlichen Gründen hier nicht direkt einbinden – aber wer ein bisschen grinsen mag klickt dazu gerne HIER 😉

Wer mich also befragt und gerne auch von der „Fotografie leben möchte“, kriegt von mir eine entsprechend  offene und ehrliche Antwort, mit Vor- und Nachteilen, vielen Aspekten der Sache aus verschiedenen Perspektiven usw.

Alsdann teilt es sich in zwei Richtungen:

Die einen, meist selber sehr zufrieden mit ihren jeweiligen Jobs und ihrem Leben, erkennen dass das „Leben von der Fotografie“ mehr bedeutet als ein paar „likes“ für gute Fotos oder ein kleiner Zuverdienst mit gelegentlich verkauften Bildern. Sie erkennen, dass es einige Jahre dauert und mit einigem Aufwand verbunden ist, daraus ein sich selbst tragenes Einkommensmodell zu bauen. Beruhigt betreiben sie neben ihrem Beruf die Fotografie mehr oder weniger intensiv als Hobby weiter und machen tolle Fotos!

Und dann sind da die „anderen“: Man klopft hauptsächlich grosse Sprüche. Man will das Geld am liebsten geschenkt. Man will entweder gar nichts investieren oder denkt denkt über die Anschaffung von teurem Equipment nach („kriege ich ja vom Finanzamt wieder“ – die Unwissenheit und noch viel schlimmer Unbelehrbarkeit ist schon manchmal erschreckend). Man sieht sich schon als Starfotograf, der ansonsten den ganzen Tag im Garten sitzt und von Milliarden von Followern bei Instagram gefeiert wird.

 

Was passiert, wenn ich diesen Leuten auf Nachfrage einen Job anbiete

Ich habe ja immer mal wieder mal kleinere und grössere Foto-Jobs auf Honorarbasis zu vergeben.

Nachfolgend dazu eine kleine Anekdotensammlung, was einem als Job-GEBER dann mit so ein paar Knallschoten passieren kann….

Natürlich aus juristischen Gründen alles anonymisiert, und natürlich gibt es neben diesen Knallschoten auch noch Kollegen und Neueinsteiger, die tolle Arbeit machen, ehrlich und zuverlässig sind, und auf die ich immer gern zurückgreife.

Da war einer, es ist schon einige Zeit her, der sich als Filmer angeboten hat. Da ich das Filmen selber nicht mache, ein Kunde von mir aber ergänzend zu Fotos für einen zu der Zeit grad anliegenden Auftrag auch ein paar Videos wollte, wollte ich spontan auf diesen „Filmer“ zurückgreifen. Seine bisherige Arbeit sah ganz manierlich aus, es gab keinen Grund für Misstrauen. Nachdem dieser „Filmer“ von mir etwa eine Woche vor dem Job für diesen gebrieft worden war, und er somit genug Infomationen zu Job und vor allem über den Kunden hatte, hat dieser Filmer sich hinter meinem Rücken direkt an diesen Kunden gewendet. Ihm die Ohren vollgeheult, was er an Extra-Technik für den Job anschaffen müsse (!), den Kunden um einen Zuschuss dafür angebettelt und dann noch versucht, sich diesem Kunden als direkter Auftragnehmer an mir vorbei für ein paar Euro weniger anzudienen.

Der Kunde war glücklicherweise loyal, hat mich sofort angerufen und gefragt was da los sei“.

Schliessen wir diese Geschichte kurz ab: Dieser „Filmer“ hat den Job nicht gemacht, mich dann noch beschimpft und ward nie wieder gesehen. Der Kunde zählt übrigens bis heute zu meinen Auftraggebern.

Etwas ähnliches ist dann in diesen Jahren gleich noch mal passiert: Ich brauchte für einen anderen Job einen Co-Knipser. Manche Sachen gehen schon zeitlich gar nicht alleine. Anhand der lieferbaren Foto-Qualität wählte ich jemand aus (den ich eigentlich auch kannte. Aber – wieder getäuscht…). Irgendwann im Vorfeld des Jobs erhielt ich wieder vom eigentlichen Kunden eine email, in der mir wiederrum eine email von vorgesehenen Co-Knipser an diesen Kunden weitergeleitet wurde. Auch dort bot sich dieser Co-Knipser an mir vorbei direkt als Auftragsnehmer für weniger Honorara an.

Wieder war aber ein Kunde loyal, wieder flog ein Möchtegern-Knipser sofort aus dem Ring, wieder zeigte sich sich einer trotz erheblicher eigener Mängel uneinsichtig und beleidigend. Es bleibt die Frage: WAS geht in diesen Leuten vor sich….

Für ein weiteres Beispiel muss ich mal kurz etwas ausholen:

Wenn ich Jobs zu vergeben habe, ist die zu liefernde Arbeit die ich zu vergeben habe, GENAU definiert. Die „ich möchte auch gern mit der Knipserei Geld verdienen-Leute“ werden von mir im Vorfeld natürlich GENAU instruiert, es gibt von mir absolut exakte Angaben über Zeit, Ort und Art dessen was zu tun ist und was ich haben will (bzw der Kunde), jederzeit können im Vorfeld ausserdem gern alle Fragen gestellt werden.

So begab es sich also eines schönen Abend, dass so ein XXX (zensiert) von mir u.a. instruiert wurde, im Rahmen eines Jobs an einem bestimmten Tag um 19 Uhr zur blauen Stunde an einem bestimmten Ort und Motiv zu sein, und genau von mir bezeichnete Fotos zu erstellen. Um etwa 20:15 Uhr erhielt ich von diesem XXX (zensiert) einen Anruf, er „sei jetzt da und was denn zu tun sei“. Auf meine verblüffte Frage, warum er erst jetzt vor Ort sei und das Motiv unbedingt zur blauen Stunde benötigt wurde, und ich das ja auch klar gesagt hatte, kam nur ein motziges „was soll das jetzt“ zurück. Auch die restlichen zu erstellenden Fotos hat XXX (zensiert) völlig unmotiviert und unvollständig abgeliefert.

Daraufhin habe ich ihn gefeuert und für den Rest des Jobs nicht mehr eingesetzt.

Tatsächlich hatte er dann aber unfassbarerweise den Nerv, sofort das „gesamte“ Honorar zu fordern und mich ausgiebig zu beschimpfen. Ausserdem „drohte“ er mir an sich zum Büro des Kunden zu begeben und dort über mich „zu erzählen“, auch einen extra für den Job  erhaltenen Zutrittsausweis wollte er zuerst nicht mehr an mich rausrücken. Die Antwort aber, warum er nicht pünktlich on location war und nicht das genau Beauftragte geliefert hat, ist er mir aber bis heute schuldig geblieben.

Was soll man dazu noch sagen…

Diese Geschichte eben, lässt sich aber tatsächlich noch toppen 😉

Wieder ein anderer hat es nämlich vor einigen Jahren tatsächlich fertig gebracht, zum eigentlichen Foto-Termin (den ER im Vorfeld gegen Bezahlung haben wollte…!) dann überhaupt nicht zu erscheinen, also auch keine Fotos zu machen. Von mir am nächsten Tag zur Rede gestellt, war seine Ausrede allen Ernstes, dass er an diesem Abend „seinen Wocheneinkauf erledigen musste“ und „ich solle mich nicht so aufregen“. Achso ja, geht ja nur um Fotos für Kunden die ich liefern sollte, was rege ich mich denn auf….

Einem chronisch klammem und immer darüber jammernden jungen Studenten war es unlängst gleich mehrfach „zuviel“, mal einige Tage pünktlich irgendwo zu erscheinen (einer, der „auch von der Fotografie leben wollte“…).

Ein junger Mensch wollte gern ein Praktikum bei mir machen. Und „am liebsten gleich morgen bei mir anfangen“. Spontan ja sehr gerne, hätte mir auch in den Kram gepasst – von heute auf morgen aber auch bei mir nicht möglich. „Auf mein „Schick mir doch einfach mal per Mail eine Bewerbung“ kam dann auch nie wieder was von der Person, die am liebsten gleich morgen anfangen wollte. Eine Stunde Telefonat im Vorfeld umsonst verbraten. Wobei ich ja noch froh sein kann, dass es nicht zu einem Praktikumsplatz kam, denn Freude oder Mehrwert hätte ich da eh nicht gehabt…

 

Ich könnte diese Liste mit ein paar kleineren Nebenstories fortsetzen, aber belassen wir es bei den ziemlich Idiotischsten.

All diese XXX (Selbstzensur) waren übrigens nicht gezwungen, für mich Fotos zu machen, sondern wollten von alleine „auch mal von der Fotografie leben“. Für mich immer noch völlig unverständlich, dass dann so Sachen wie eben beschrieben dabei rauskommen.

Eine zeitlang habe ich mich selbstkritisch als dafür verantwortlich gesehen – falsche Auswahl durch mich usw. Nach einigen Gesprächen mit Kollegen, die weit länger im Foto-Geschäft sind als ich und EXAKT dieselben Probleme mit diesen XXX (zensiert) haben, habe ich dazu inzwischen wieder Frieden mit mir geschlossen. Manche Knallschoten sind halt sich selbst der grösste Feind.

Ich habe fertig.