Das Fazit

Ein paar abschliessende Gedanken noch, zur dreimonatigen Fototour durch Südeuropa in diesem Jahr.

Freiheit – abendlicher Blick aus dem Autofenster am Cap de Creus in Spanien

Die Strecke

Von Berlin aus ging es in zahlreichen Etappen, Umwegen und Extratouren mit dem Auto bis Tarifa am Südzipfel Spaniens, und wieder zurück. Wir sind in fast genau 90 Tagen insgesamt etwas über 11.000 Kilometer gefahren. Unfall- und Pannenfrei, glücklicherweise, und haben dafür 1015 Liter Bezin verbraucht sowie insgesamt 272 Euro MAUT in Frankreich, Spanien und Andorra bezahlt.

Die folgende „Liste“ der Etappen gibt nur die wesentlichen Zwischenziele wieder. Wir haben wohl tausende Dörfer und Wahrzeichen abgefahren, uns oft auch im Nirgendwo verkrochen, oft geplante und ungeplante Zwischenstops oder spontane Übernachtungen eingelegt. Im Wesentlichen gings aber da entlang:

Berlin – Süddeutschland/ Burg Hohenzollern

Süddeutschland – Südwestfrankreich (Cote Vermeille)

Südwestfrankreich – Spanien/ Cap de Creus

Cap de Creus – Barcelona

Barcelona – Valencia

Valencia – Toledo

Toledo – Castillo de Almonacid

Castillo de Almonacid – Granada (Alhambra)

Granada – Fuengirola (Castillo de Sohail)

Fuengirola – Ronda (Andalusien)

Ronda – Gibraltar

Gibraltar – Tarifa

Tarifa – Andorra

Andorra – Frankreich/ Provence – Crailsheim – Berlin

Das Auto

Unterwegs waren wir die rund 11.000 Kilometer mit einem Mercedes Viano Camper. Der gehört Freunden, wir haben uns geeinigt – offiziell so ein Fahrzeug drei Monate mieten ist wirtschaftlich nicht sehr sinnvoll. Das Fahrzeug selbst entsprach ganz meinen Vorstellungen: Dezente Farbe, nicht auf den ersten Blick als Camper zu erkennen, viele kleine Gadgets und ansonsten alles, was man im Sommer zum Leben im Auto braucht (und das ist nicht besonders viel, dazu am Ende des Textes mehr). Ich mag ja eigentlich diese ausgebauten Kastenwagen älteren Baujahres, so mit Stehhöhe, Charakter und so. Unser „Leihwagen“ hatte aber mit reichlich Leistung, Automatikgetriebe und dem aufgrund der Bauweise guten Handling so einige Annehmlichkeiten, die wir echt schätzen gelernt haben. Die Berge hoch durch enge Kurven in Andalusien – entspanntes cruisen dank Fahrzeuggrösse und reichlich Leistung mit Automatikgetriebe. Enge Dorfdurchfahrten – kein Problem. Parkplatz bei LIDL oder Supermarchè – eine leichte Übung. Strandparkplätze haben in Frankreich und Spanien oft Höhenbeschränkungen von 1,90 Meter – auch kein Problem für so ein Fahrzeug, wo dann die grossen Fahrzeuge eben woanders parken müssen. Mautkosten, Benzinverbrauch, zügiges Fahren auf der Autobahn wenn es denn sein muss – alles Momente wo ich oft froh über das „kleine“ Auto war. Gefehlt hat uns nichts. Selbst wenn man sich für solche Touren Hotels/ AirBNB’s leisten will – nichts topt die Freiheit, irgendwo wo es einem gefällt einfach zu parken und zu übernachten. Freiheit pur.

Habe solche Reisen als Single auch schon in einem normalen Kombi gemacht – zu zweit wäre das für drei Monate aber eher uncool. Unterwegs triffst man alles andere: Leute die mit Mofa und Anhänger ihre Reise machen, bis zum Besitzer voll ausgebauter Koffer-LKW mit allem drum und dran. Wir waren ein paar Mal bei solchen Zufallsbekanntschaften in solche Fahrzeuge eingeladen. Sehr schön was da alles drin ist. Und die Betonung liegt auf „alles“ 😉 Ob ich das auch haben will, ist eine andere Frage, denn das muss auch alles gepflegt und herumgefahren werden, kann kaputt gehen. Und so einen 10+ -Tonnen-LKW möchte ich nicht über enge Strassen zirkeln müssen. Muss wohl jeder für sich selber entscheiden.

Pannen hatten wir glücklicherweise keine, lediglich die Klimaanlage im Van war schon in Deutschland kaputt. Das haben wir in Spanien reparieren lassen, fanden wir nützlich, bei dauerhaft über 40 Grad 😉

Eine offizielle Strasse den Berg hoch in Frankreich, immerhin auf 2,8t begrenzt ;-). Wir haben an dieser Stelle kapituliert, sind zwei Kilometer rückwärts gefahren da keine Wendemöglichkeit bestand,und am nächsten Tag hochgelaufen. Uns kam von oben tatsächlich ein VW-Bus entgegen…

Arbeiten unterwegs

Was Internet angeht, ist Deutschland tatsächlich ein Entwicklungsland. Auf jedem abgelegenem Zipfel in Frankreich und Spanien hat es Netz –  3G, oft 4G, selbst in den Bergen Andorras war volle Versorgung. Da ich (leider) nicht drei Monate ganz abtauchen kann, habe ich dank mobilem Internet mit WLan-Router und Zusatzantenne sowie jeweils lokalen preiswerten prepaid-Simkarten unterwegs mein kleines Unternehmen zumindest am Laufen gehalten. Emails beantworten, Termine und Angebote gemacht, das ein oder andere Bildchen verschickt, in der Hauptsache.

Dies passierte aber nicht in so etwas wie regelmässiger Arbeitszeit, sondern meistens irgendwann nachts, weil man bei 40 Grad eh nix wirklich Vernünftiges zustande bringt. Tagsüber haben wir versucht, endlich mal ohne Handy zu „leben“. Dieses ständige checken nach Mails und so, nervt einen ja schon selbst. Man kann eh nicht sofort reagieren, und meistens ist es ausserdem eben doch auch nicht „so wichtig“, dass man sofort reagieren muss. Also haben wir geübt, die Telefone tagsüber ganz ausgeschaltet zu lassen 😉

Dümmste Tat

Irgendeine Tankstelle in Frankreich: Wir fahren von der Autobahn ab, um eben zu tanken. Also anhalten an der Zapfsäule, aussteigen, Tankklappe auf, Tankverschluss rausdrehen, den auf das Autodach legen. Der Verschluss ist nicht per Sicherungsdraht mit dem Auto verbunden, scheinbar ist diese Plastikschnur dafür unseren Freunden mal kaputt gegangen. Egal – es war ja nicht der erste Tankstop den wir mit diesem Auto gemacht haben. Tank also irgendwann voll, Klappe zu, bezahlen gehen. Wieder einsteigen und zurück auf die Autobahn – wieso riecht das im Auto plötzlich so nach Benzin?! Es hat ein paar Kilometer gedauert, bis ein Parkplatz auf der Autobahn kam – und tatsächlich: Ich Idiot hatte den Tankverschluss auf dem Autodach liegen lassen, irgendwo muss sie heruntergefallen sein.

Erstmal 10 Minuten Frust schieben, einen Lappen in die Tanköffnung stopfen, dann beschliessen wir, zur Tankstelle zurück zu fahren. Immerhin besteht ja eine geringe Hoffnung, dass dort irgendwo beim Losfahren der Verschluss vom Dach gefallen ist und da nun irgendwo rumliegt. Dumm nur, dass die nächste Abfahrt und damit nächste mögliche Wendestelle ganze 150 Kilometer weiter lag. Immerhin haben sich am Ende die unfreiwilligen Extrakilometer gelohnt – den Tankverschluss hab ich an der Autobahnauffahrt wieder gefunden 😉

Trotzdem…dümmer gehts nimmer, und ich kann das nichtmal jemanden vorwerfen. Und das dem Tag, an dem wir die eh schon lange Etappe von Süddeutschland in den Südwesten schaffen wollten…

Witzigstes Erlebnis

Eine Wiese in der Nähe von Tarifa, direkt neben einer Pferdekoppel. Locker verteilt parken diverse Reisemobile auf der grosszügigen Fläche. Irgendwann wache ich nachts auf, bilde mir ein, Pferdehufe und Schnauben zu hören, sehr dicht am Auto. Da mir die Pferdekoppel neben dem Parkplatz bewusst war, stufe ich das verschlafen als „keine Gefahr“ ein, und schlafe wieder ein. Um 5 Uhr wachen wir beide von den Pferdchen auf – irgendwie ist es den etwa 12 Tieren gelungen, das Tor ihrer Koppel zu öffnen (oder es war nicht richtig geschlossen). Alle Tiere laufen gemütlich auf der Wiese herum und „begutachten“ die parkenden Fahrzeuge, schüffeln an ihnen herum (auf der Suche nach Futter?), versuchen ihre langen Nasen durch die offenen Fenster zu stecken. Kein Mensch ist zu sehen, alle liegen entspannt in ihren Fahrzeugen und schlafen (oder amüsieren sich, wie wir 😉 ). Um 6 Uhr rollt der Besitzer an, sammelt seine Tiere ein und bastelt danach eine halbe Stunde am Tor seiner Koppel herum 😉

Komischstes Vorkommnis

Als wir in Valencia sind, verbringen wir zwei Nächte an Strand von El Saler, was keine 10 Kilometer ausserhalb der Innenstadt liegt. Parken direkt am weitläufigen Strand – toll!- denken wir.

Parken direkt am Mittelmeer – in Spanien noch gelegentlich möglich

Zwar wundern wir uns über den ständigen hin- und herfahr-Autoverkehr, und irgendwann fällt uns auf, dass in den Fahrzeugen meist nur ein Mann sitzt, denken uns aber zunächst nichts dabei. Dutzende Reisefahrzeuge parken hier weit verteilt. An unserem ersten Tag dort ist alles ruhig, am zweiten Abend – ein Freitag- können wir nachts nicht schlafen und liegen im Auto und quatschen so rum. 50 Meter weiter feiern irgendwelche Leute ein Party mit lauter Musik. Wir hören nicht, dass zwei normale PKW zu uns angerollt kommen, ohne Licht. Erst als einer der Pappnasen aus diesen Autos  sein Gesicht an die Heckscheibe unseres Autos drückt um reinzugucken, werden wir aufmerksam…. Als der Typ realisiert, dass sich in unserem Auto was tut, tritt er einen Schritt von der Scheibe zurück, geht aber nicht ganz weg. Na das hat noch gefehlt. Die Scheiben sind maximal getönt, was hat er sich davon nachts überhaupt versprochen zu sehen, und was will er jetzt noch?! Mit zwei Schritten bin ich in der Fahrerkabine, mache alle Aussenlichter an und drücke ausdauernd die Hupe, ausserdem belegen wir ihn mit einem Schwall Schimpfworte durch die halb offenen Scheiben. Der Typ im anderen Fahrzeug, der scheinbar gar nicht erst ausgestiegen war, fährt rückwärts und ohne Licht weg. Zum Glück folgt ihm sein Spannerkumpel dann umgehend, ebenfalls ohne Licht. Sehr merkwürdig.

Jetzt sind wir hellwach, und es ist klar: Hier können wir nicht bleiben, die kommen vielleicht wieder, stechen uns die Reifen platt oder sowas. Also fahren wir da weg und finden kurze Zeit später in Valencia auf einem wirklich grossen Parkplatz vor einem Krankenhaus ein neues Plätzchen. Doch zu früh gefreut: Wir geraten vom Regen in die Traufe, kaum dass wir in einer Ecke geparkt und uns wieder beruhigt haben, beginnt um 2 Uhr nachts die „Dorfjugend“, ihre Fahrzeuge dröhnenden Beschleunigungstests über die gesamte Parkplatzlänge zu unterziehen. Nochmal umparken haben wir trotzdem keine Lust, wir werden in dieser Nacht kein Auge zumachen…

Immerhin kriegen wir dank Google raus, dass der Strand bei El Saler ein beliebter und stark frequentierter (ach was!) Treff für schwule Männer ist. Das erklärt dann jetzt auch den beständigen Autoverkehr tagsüber, und ein stückweit die beiden Typen an unserem Auto. Auch wenn ich bis heute nicht verstehe, was die sich davon erhofft haben, durch eine getöne Scheibe nachts zu sehen zu bekommen. Oder waren die beiden doch auf einen Einbruch aus? Man weiss es nicht.

Nervige Kontrollen

Am nervigsten waren eindeutig die zahlreichen Kontrollen der Guardia Civil in Spanien. Habe ich so noch nie erlebt auf solchen Reisen. Wir sind in Spanien insgesamt elf mal anlasslos angehalten worden, und einmal noch weil wir zu schnell gefahren waren und Sofortkasse dafür leisten mussten. Ausnahmslos unfreundlich und angeblich nicht ein Wort englisch sprechend, hat man jedesmal unsere Papiere und das Auto intensiv gefilzt. Ich sehe es ein wenn man uns wegen Geschwindigkeitsübertretung im Strassenverkehr stoppt und kontrolliert, per Funkgerät abfragt ob das Fahrzeug als gestohlen gemeldet ist oder unsere Namen zur Fahnung ausgeschrieben, nebenher auch einen Blick ins Fahhrzeug selbst wirft.Der Eigentümer des Fahrzeugs lt. Fahrzeugschein bin ja nicht ich – es war witzig zu beobachten, wie jedesmal die Augenbrauen hochgingen, wenn der Polizist die Papiere erhalten hat und diese Tatsache versuchte zu realisieren. Die Kopie des formalen Mietvertrages (auf Deutsch) für das Auto, den wir mit unseren Freunden ausgefüllt hatten, haben die spanischen Polizisten immer besonders lange angestarrt 😉

Wa also sollen diese übertriebenen und unfreundlichen Razzien in unserem Auto? Dachten die wir sind Schlepper und fahren Flüchtlinge im Van umher? Und warum will man dann in den Kühlschrank gucken?! Man man.

In Andorra wurden wir bei der Ausreise aus dem Land auch kontrolliert – dort war man freundlich, sprach Englisch und wollte eben nur einen Blick ins Auto werfen. Kein Problem. In Frankreich hatte mal ein Auto der Gendarmerie neben uns gehalten, als wir auf einem Parkplatz im Auto rumgeräumt haben: Drei französiche Polizisten drin, der Fahrer sagte irgendwas zu mir. Mein Französisch ist faktisch nicht vorhanden, also sagte ich freundlich lächelnd zu ihm „Bonjour“ und „in english please“. Das wiederrum sprach (typischerweise) wohl keiner der drei, also sind sie freundlich grüssend gleich wieder abgezogen. War wohl doch nicht so wichtig, die Kontrolle 😉

Da wir ja in Spanien im wesentlichen dem Küstenverlauf gefolgt sind, bleibt als einzige Erklärung für die nervige Guardia Civil so eigentlich nur die Probleme um die Flüchtlingskrise, die auch im Süden Spaniens dauergegenwärtig ist. Dazu der Van, der zunächst nicht wie ein Camper aussieht, dazu seine dunkelst getönten Scheiben hinten – möglicherweise fielen wir damit in ein bestimmtes Raster. Trotzdem, ein bisschen netter hätten die Herren schon sein können, denn wir waren es IMMER.

Sicherheit

In diesem Zusammenhang mal ein paar wenige Worte zur sogenannten „Sicherheit“ auf solchen Touren.

Ich für meinen Teil bin jetzt seit ca. 15 Jahren ein Autoreisender und Camper, der nie auf Campingplätze fährt. In diesen 15 Jahren gab es genau zwei Situationen, dass ich jemand für meine jeweiligen Autos intressiert hat (die bisher nie in irgendeiner Form an einen typischen Camper erinnert haben). Beide Male in Ballungsräumen. Eine konkrete „Gefahr“ oder Angriff bestand glücklicherweise noch nie, von Unfällen, Einbrüchen oder gar Überfällen bin ich/ wir gottseidank bisher verschont geblieben. Ich versuche das Fahrzeug immer so abzustellen, dass der Stress erst gar nicht aufkommt. Das gelingt nicht immer auf Anhieb, doch wirklich nachts umparken musste ich bisher auch diffusen „Sicherheitsgedanken“ erst DREI mal, inclusive der zuvor geschilderten Situation in Valencia.

Je einsamer man parkt, desto geringer ist das Risiko, wenn man ein bisschen mitdenkt. Natürlich kann man nichts ausschliessen, aber dann dürfte ich auch meine Wohnung nie verlassen. Auch Angst vor grösseren oder kleineren Tieren muss man kaum haben. Ich hatte schon Eidechsen im Auto, Mücken und andere merkwürdige Insekten gibts auch überall, grössere Tiere meiden menschliche Nähe meistens eher sowieso oder stellen keine Gefahr da. Im Niemandsland in Spanien haben wir ein paar mal wegen der Hitze nachts mit offenen Türen geschlafen (alles Wertvolle war da aber so im Auto verstaut dass einer das ganze Auto hätte ausräumen müssen um es zu finden). Riskant? Vielleicht, aber wer soll da nachts vorbeikommen und einen meucheln, jeder der zB zeltet trägt das gleiche Risiko. Und mitten in einer Stadt oder wo mehr Leute sind, würde ich das Auto eh nachts nicht auflassen.

Wenn wir das Auto irgendwo geparkt haben, um eine längere Wanderung zu machen, haben wir aber IMMER die relativ schweren Foto-Rucksäcke mitgenommen. Manchmal habe ich das Zeug verflucht, wer will das schon 10 Kilometer den Berg hochschleppen oder bei 35 Grad 4 Stunden am Strand entlang. Das Zeug im Auto zu lassen, hätte mir aber jede Ruhe genommen, auch wenn wir am Ende der Tour teilweise inkonsequent wurden, und zB die Laptops im Fahrzeug versteckt haben. Darüber hinaus haben wir angefangen, das eh schon unauffällige Auto (insbesondere die frei einsehbare Fahrerkabine) bewusst und gezielt zu „vermüllen“, zB mit leeren Getränkeflaschen, Keksverpackungen usw, alles was eben nicht anfängt zu stinken oder sich untereinander zu vermehren. Auf diese Art wollten wir einen „ungepflegten“, ärmlichen Eindruck (ja ja ich weiss, Mercedes Viano…;-) ) erwecken, und potentielle Diebe darüber zu informieren, dass wir nichts im Auto haben was den Bruch lohnt. Passiert ist wie gesagt noch nie was, entsprechende zerschlagene Fensterscheiben, Geschichten anderer usw aber hab ich schon genug gehört und gesehen – das brauche ich nicht.

Das grösste Risiko ist wahrscheinlich der Strassenverkehr…

Irgendwo im Nirgendwo – tagelang keine Menschenseele, und erst Recht keine „Gefahr“

Müll

Noch eine Sache ist uns in Spanien besonders negativ aufgefallen. Je weiter man nach Süden kommt, desto mehr Müll liegt auf den Strassen rum. Also nicht nur mal ein Sperrmüllhaufen weil jemand umgezogen ist, sondern richtig Hausmüll, überall. Plastikflaschen (Pfandsystem gibt es eh nur in Deutschland), benutztes Klopapier, Becher und Tüten aus Fastfood-Restaurants, alles was eben Hausmüll ist. Zwar stehen überall Müllcontainer herum, man muss sein Zeug da nur reinwerfen – für viele aber scheinbar ein unüberwindliches Hindernis. Wir haben in Andalusien ein umgepflügtes Feld gesehen, da guckten die Plastikflaschen aus der Erde, und das war keine Ausnahme. Umgekehrt fällt es auch sofort auf: Fährt man ostwärts, bemerkt man sofort die immer sauberer werdenden Strassen.

Trotz Mülltonnen überall – Müll liegt vor allem im Süden Spaniens überall auf den Strassen

Was bleibt…

Wir haben drei Monate unglaublich viel gesehen und unternommen, viele viele nette Menschen kennengelernt und die völlige Freiheit genossen. Zwar gab es anfangs sowas wie einen „Plan“ für die Tour – der war aber eigentlich schon nach zwei Wochen hinfällig. Das macht aber nichts: Im Rückblick hätte es uns nicht wirklich mehr gebracht, das straffer und disziplinierter durchzuziehen. Überall nur mehr oder weniger durchhetzen, Kilometer fressen und so, das muss nicht sein. Was hätten wir von Portugal gehabt, das wir dieses mal  „opfern“ mussten, wenn 3 Tage für die Algarve und 3 Tage für Lisssabon bleiben?! Nö, dann lieber nochmal extra dahin oder nächstes Mal gleich 6 Monate auf Tour 😉

Unzählige Zeitgenossen sind inzwischen Dauerreisende in ihren Fahrzeugen aller Art, ein paar davon dürften wir unterwegs kennenlernen. Manche sind Rentner, wenige reich, viele arbeiten nebenher auf Reisen, das 21. Jahrhundert und seine Technik, vor allem das Internet, machen es möglich.

An Fahrzeugen scheint dabei alles möglich zu sein: Da war der Franzose mit seinem Mofa samt Anhänger, in dem sein Zelt, sein bisschen Zeug und seine beiden Hunde (Marke Zaunhupe, also kleine Tiere) quer durch Frankreich gekarrt wurden. Zweimal haben wir netten Kontakt zu Leuten mit jeweils umfangreich ausgebauten riesigen LKW gehabt. Viele Kastenwagen aller Grössen, Baujahre und Ausstattungen, manche reisen alleine, viele zu zweit, manchmal mit Kindern, ausserdem kommen Dachzelte auf normalen PKW wieder in Mode. Die „klassischen“ Wohnmobile mit Alkoven usw gefallen mir überhaupt nicht. Da ist zwar irgendwie alles drin was man braucht, aber sie sind für mich optisch langweilig, weiss geht sowieso gar nicht, ausserdem Massenware.

Das bringt mich zum nächsten Thema – was braucht man wirklich…? Ich bin ja grundsätzlich ein grosser Anhänger des materiellen Minimalismus. Hier wie dort kann man feststellen: Man braucht fast nichts. Meine allererste Autoreise vor langen Jahren, seinerzeit in einem normalen Golf – ich hatte einen Rucksack mit Klamotten dabei, meinen Fotorucksack, eine Kühlbox ohne Strom, ein Buch – wirklich gefehlt hat in den sechs Wochen damals nichts. Okay, inzwischen versorge ich mich unterwegs etwas besser selber, und ein paar andere nützliche Sachen sind hinzugekommen…der Spruch „collect moments, not things“ gilt aber immer und besonders.  (reichlich Solar-)Strom gibts im Auto und Wasser aus dem Kanister – geht sicher luxuriöser und ist im Winter sicher nicht so einfach, erfüllt aber für Sommercamper seinen Zweck. Ausser den Kochutensilien hatten wir auch diesmal nicht wirklich viel mehr dabei: Jeder einen Rucksack mit Klamotten und so, einen Fotorucksack incl. Notebook und ein bisschen Technikkram fürs Auto (Router usw). Da ich in Barcelona drei Tage einen Job hatte, musste ich auf dieser Reise ausnahmesweise bestimmte Fototechnik dabei haben und anschliessend spazieren fahren die ich normalerweise nicht dabei hätte, ausserdem ein paar ordentliche Klamotten. Das im Auto nach Barcelona unsichtbar bis Zuhause zu verstauen, war natürlich kein Problem. Also was hat uns gefehlt: Genau NICHTS. Das war keine neue oder gar überraschende Erkenntnis für uns, ist aber immer wieder faszinierend.

Ein Pärchen aus Spanien, das in diesem (überladenen) Sprinter lebt, wie sie uns später erzählt haben. Wir haben nicht gefragt, warum sie dann auf Pappe auf dem Asphaltparkplatz schlafen und soviel Zeug auf dem Dach spazieren fahren.

So gehts auch – einer aus München irgendwo in Spanien 😉

Nach jeder längeren Reise finde ich zuhause noch was, was ich nicht brauche 😉 – inzwischen ist das aber so „optimiert“, dass ich mich damit kaum noch beschäftigen muss. Für solche Reisen mit einem Auto gilt: Weniger ist mehr, jeder muss seine persönliche Balance zur Grösse des Autos und dem mitgenommenen Zeug finden. Auch ist es sicherlich ein Unterschied, ob man ein paar Monate im Sommer im warmen Südeuropa rumtourt und das „Wohnzimmer“ letztlich „draussen“ ist, oder ob man dauerhaft im Fahrzeug lebt oder damit zB  in Skandinavien unterwegs ist.

Andalusien ist immer eine Reise wert, ich war da komischerweise vorher noch nie. Alles was nicht überlaufener Strand voller Touristen ist, also vor allem die Berge und das Hinterland, sind sicher gut für einen mehrmonatigen Aufenthalt. Portugal steht ja nun auch noch aus. Mal sehen ob es mir gelingt, mich nächstes Jahr 6 Monate freizuschaufeln.

Die letzten Worte in diesem Text sollen sein:

Ich will einen Hund 🙂


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